DIEBE

von Dea Loher

Regie: Rainer Conrad

Technik und Licht: Abrazzo Blattmann

Bühne: Rainer Conrad

Kostüm: Ensemble

Musik: Rainer Conrad

Assistenz: Liza Reichardt

Plakat und Foto: Juliane Rohde rosaplatz

Fotos: Olaf Schmidtmann

 

Premiere am 30.3.2012 Orangerie - Theater im Volksgarten Köln

 

Aufführungsrechte: Verlag der Autoren

 

„Diebe“ spielt irgendwo in der nicht näher benannten Provinz „am Rande der Städte“ , so beschreibt Dea Loher eingangs die Szenerie. Der Landstrich wird scheinbar wieder von Wölfen bevölkert, Buslinien werden eingestellt, Schwimmbäder verfallen und  so wirken auch die Menschen irgendwann, wie nutzlos gewordenen Objekte im öffentlichen Raum.

Die Figuren sind allesamt seltsam aus der Zeit gefallen. Ein Handy heißt hier bloß „das Schnurlose“ und es wird viel gewartet: darauf, dass etwas passiert. Wie sagt Mira, die von dem viel älteren Bestatter Josef schwanger ist? „Passiert hier endlich mal was. Ich meine, passiert hier vielleicht mal was!“ Und Ira, die alternde Sängerin, sagt an anderer Stelle: „Wenn ich aufstehe, passiert etwas. Wenn ich mich bewege, passiert das Entscheidende. Also bewegt man sich nicht. Das wiederum ist der Fehler. Das Fatale ist, dass man sich nicht bewegt. Denn es stimmt natürlich, wenn man sich bewegt, passiert etwas. Man steht auf und geht fort. Das passiert.”

Dann ist da Linda, die seit einem Blitzschlag einen magnetischen Finger hat und ihren Vater Erwin einmal im Monat im Altersheim besucht. Sein Sohn – Lindas Bruder – ist verschollen, meldet sich einfach nicht mehr, hat jeglichen Kontakt zu den beiden abgebrochen und stürzt sich eines Tages aus dem Fenster.

Josef, der werdende Vater von Miras Kind, ist auf der Suche nach Miras Vater, den diese nicht kennt: “Wie kann ich ein Kind kriegen, wenn ich selber nicht weiiß, wo ich herkomm?” fragt sie Josef.

Es gibt Monika, die eine Karriere als Supermarktleiterin anstrebt und dabei ihren Mann Thomas aus den Augen und schließlich aus ihrem Leben verliert. “Es tut gar nicht weh”, sagt sie. “Es zieht ein bisschen. Wie beim Blutspenden”

Und so empfinden wir sie gar nicht als Diebe, die durch ihr Leben laufen, als gehöre es ihnen nicht, sondern als Menschen, die ständig die kleinen Entscheidungen treffen, die in der Summe ihr Leben ergeben. Nicht mehr und nicht weniger. “Bereuen Sie es nicht”, sagt Josef  zu Herrn und Frau Schmitt, die hinter dem Glas ihres Wohnzimmerfensters auf das Tier lauern, das sich unentdeckt in ihrem Garten zu verstecken scheint. Und: “Sie haben das immer schon so entschieden.” sagt er noch an anderer Stelle.
Da ist Boutiquebesitzerin Gabi, die nicht aus ihrer Haut kann und Tschecki, der Trainingshosen verkauft und ein windiger Typ zu sein scheint – schon wieder so ein Scheinen. Stimmt das denn wirklich?
Am Ende, wenn sich die Lebenslinien aller gekreuzt haben, werden sie von ihren Lebensumständen entlassen worden sein, entbunden von Pflichten, die sie nicht gewählt hatten. Nutzlos plötzlich – oder scheint auch das wieder nur so?

Dea Lohers Stück ist auf den Mühlheimer Theatertagen ausgezeichnet worden und hat überdies noch einen Publikumspreis eingeheimst. Wie kann das sein? Bei 3 ½  Stunden Spiellänge im Original und Szenen, die überwiegend aus Duetten bestehen? Es muss wohl an Dea Lohers ungemein treffender Sprache liegen, die Figuren zwar typisiert, ihnen aber Leben und Geheimnis und sie damit Mensch sein lässt. Bei allem Drama von Warten und Vergehen verliert sie nie Humor und Witz aus den Augen und versteht es, mit Überhöhung und dem Aufbringen unfassbarer Momente etwas nach Hause zu bringen: Den Blick auf die Einzelteile einer Gesellschaft - den Menschen.

Es spielen:

LINDA  TOMASON– Christiane Langweg / ERWIN TOMASON Vater von Linda und Finn – Fritz Göbel / MONIKA TOMASON nicht mit den Obigen verwandt – Christine Bättig / THOMAS TOMASON nicht mit den Obigen verwandt – Uwe Schiechel / FRAU SCHMITT, IDA – Petra Schiefer / HERR SCHMITT, GERHARD – Uwe Grede / JOSEF ERBARMEN  - Yvan Gloux / MIRA HALBE – Liza Reichardt / GABI NOWOTTNY – Juliane Rohde / RAINER MACHATSCHEK – Alexander Bonkat / IRA DAVIDOFF – Barbara Miethke-Meyer